Hessen macht sich seit vielen Jahren dafür stark, dass die Zinsen für Steuernachzahlungen und -erstattungen halbiert werden. Auch der Bundesfinanzhof hatte in der Vergangenheit Zweifel geäußert, ob der Zinssatz noch mit der Verfassung vereinbar ist. Finanzminister Michael Boddenberg erklärte zum heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes: „Das Urteil aus Karlsruhe unterstreicht glasklar, dass Hessen bereits frühzeitig die Zeichen der Zeit erkannt hat. Wir setzen uns bereits seit dem Jahr 2016 dafür ein, die Finanzamtszinsen deutlich zu senken. Das würde all den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen, die durch überhöhte Zinsen auf Steuerschulden belastet werden. In Zeiten niedriger Zinsen ist solch eine hohe Belastung nicht gerecht. So sieht es auch das Bundesverfassungsgericht in seiner heutigen Urteilsbegründung. Seit Einführung des § 233a der Abgabenordnung in 1990 ist an der Höhe des Zinssatzes nichts geändert worden. Angesichts des nun Jahre herrschenden Zinstiefs lassen sich den Bürgern die vom Finanzamt verlangten Zinsen nicht mehr erklären. Eine Anpassung des Zinssatzes ist längst überfällig. Hessen ist schon lange der Meinung, dass es Zeit ist, zu handeln. Nun muss die Politik auf Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes tätig werden und bis zum 31. Juli 2022 eine gesetzliche Neuregelung verabschieden. Hessen wird sich in diesen Prozess intensiv einbringen.“
Das Bundesverfassungsgericht hat heute in seiner Urteilverkündung bekanntgegeben, dass die hohen Steuerzinsen von sechs Prozent im Jahr, angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase seit 2014, verfassungswidrig sind. Das gelte für Zinsen auf Steuernachzahlungen und auf -erstattungen. Das Gericht ordnete eine rückwirkende Korrektur an, die alle noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheide für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019 betrifft.
Hessen hatte in der Vergangenheit einem Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, der eine Halbierung der Finanzamtszinsen von 6 auf 3 Prozent vorsah. Die Mehrheit der Länder sah bislang allerdings keinen Grund, die Bürger zu entlasten.